Blog-Übersicht > > Motivation: Strategien aus dem Sport für Unternehmen

Mit einer hohen Motivation lassen sich Business-Projekte noch einfacher bewältigen. Um diese zu erzielen, können bewährte Coaching-Strategien aus dem Sport auf den Arbeitsalltag im Unternehmen übertragen werden. Wir haben André Henning, Coach und Sportlicher Leiter beim KTHC Rot-Weiss Köln, daher um seine besten Tipps und Motivationshilfen aus der Praxis gebeten.

André Henning

André Henning, Head Coach Bundesliga und Sportlicher Leiter beim KTHC Rot-Weiss Köln

Ob unter freiem Himmel oder in der Halle – Hockey ist und bleibt die große Leidenschaft von André Henning. Nachdem er als Trainer bereits die U21-Weltmeisterschaft  und U18-Europameisterschaft gewonnen hat, ist er seit August 2015 als Head Coach Bundesliga und Sportlicher Leiter beim KTHC Rot-Weiss Köln aktiv. Hier betreut er unter anderem das Herren-Hockey-Bundesligateam.

Um seine Erfahrungen im Coaching von Sportlern auch mit anderen Berufsgruppen zu teilen, hält er regelmäßig Vorträge über Themen wie Team Building, Motivation oder moderne Hierarchien. So zeigt er Managern und Geschäftsleuten, was man von Sportlern im Business lernen und wie man aus Krisen gestärkt hervorgehen kann.

Großen Spaß macht es André Henning, Menschen auf ihrem Weg zu einem großen Ziel zu begleiten, Entwicklungen zu fördern und zu sehen, wie gemeinsame Pläne aufgehen. Dabei lautet seine Devise: „Ein Team ist immer intelligenter als seine Führung.“

André, was kann man von euch Sportlern lernen und für seinen Arbeitsalltag nutzen?

Sportler aus Randsportarten wie Hockey schaffen zwei Jobs gleichzeitig: professionell auf Weltklasse-Niveau ihren Sport betreiben und gleichzeitig ihr Studium/ihren Job vorantreiben.
Beides in der Regel auf exzellentem Niveau.
Sie sind damit Zeitmanager, besonders stressresistent, zielorientiert und ambitioniert. Dabei sind sie in der Regel sozial, teamfähig, kompromissbereit und haben eine klare Leadershipqualität entwickelt.

Also alles Eigenschaften, die man sich von seinen Mitarbeitern wünscht. Kannst du als Trainer vielleicht noch etwas näher auf den Hockeysport eingehen: In Deutschland ist Hockey kaum bekannt, hat wenig Sponsoren – trotzdem gab es bei den letzten drei Olympischen Spielen immer Gold für ein deutsches Team. Was zeichnet die Hockeyspieler besonders aus?

Hockeyspieler sind in Deutschland Vertreter einer Randsportart und damit eigentlich Außenseiter. Denn es gibt wenig Hockeyspieler und wenig finanzielle Mittel. Dennoch sind sie Weltspitze. Im Deutschen Hockey-Bund suchen wir früh unsere Talente und fördern unsere High Potentials. Die meisten Olympiasieger waren bereits in der U16 dabei. Wir halten engen Kontakt, steuern die Persönlichkeitsentwicklung und vor allem die Eigenmotivation.

Und wie wird das konkret gefördert?

Unser Ansatz – und das verfolge ich auch beim Bundesligateam in Köln: Start with „why“! Hockeyspieler verdienen kein Geld, sie opfern wahnsinnig viel Zeit und Energie, nur um erfolgreich Hockey zu spielen. Es reicht nicht, ihnen zu sagen, was sie tun sollen. Sie müssen immer wieder auf einer anderen Ebene abgeholt und motiviert werden. Es ist ein langer Weg und dafür brauchen wir intrinsische Motivation. Anders als Fußballer können wir kein Geld und keine Werbeauftritte versprechen. Aber eben das unglaubliche Gefühl, bei einem Olympiafinale auf dem Platz zu stehen. Das müssen Trainer transportieren können. Dafür brauchen wir Trainerpersönlichkeiten. Nur Trainerpersönlichkeiten entwickeln Spielerpersönlichkeiten. Daher ist uns in Köln auch in unserer Jugendarbeit wichtig: Wer ist eigentlich warum bei uns Trainer – und was hat er oder sie neben dem Fachlichen drauf? Wie kann man Menschen gewinnen. Diese Form von Leadership, weniger linear und hierarchisch, wollen wir etablieren. Auch innerhalb der Teams.

Wirklich ein hochspannender Ansatz. Aber wie können denn eigentlich in einem Team wie bei Rot-Weiss Köln, wo es derzeit acht A-Nationalspieler gibt, alle Einzel-Interessen unter einen Hut gebracht werden?

Ganz einfach. Über Beteiligung! Ein Unternehmen, also auch ein Team ist immer intelligenter als seine Führung. Diese Intelligenz meiner Mannschaft, all die Qualitäten, will ich unbedingt nutzen. Es soll kein Coach-Team sein, sondern eins, indem sich die Spieler wohlfühlen, wertgeschätzt werden, wo sie sich einbringen können. Wir bestimmen die Taktik gemeinsam, jeder kann Ideen einbringen. Aber klar, sobald wir schnelle klare Entscheidungsprozesse brauchen, nämlich auf dem Platz, gerade dann wenn die Zeit knapp und der Druck riesig ist, dann brauchen wir eine klare Hierarchie. Aber dennoch muss das Team gerade dann auch gelernt haben, gemeinsam entscheiden zu können. Und dass Viele Verantwortung übernehmen.

Also kann man sagen, dass es auf ein harmonisches Miteinander aller Spielerpersönlichkeiten ankommt. Was macht denn dann am Ende wirklich den Unterschied, wenn sich in einem Finale zwei starke Teams gegenüberstehen?

Es ist die Form des Commitments. Die Mannschaft trifft eine gemeinsame Entscheidung, was sie sein möchte und wie sie genau handelt! Oft arbeiten Teammitglieder nur nebeneinander her, auch wenn sie im selben Raum sitzen oder auf demselben Platz im selben Trikot spielen. Erst wenn es ein Miteinander wird, dann kann es erfolgreich werden – und nur dann fängt es an Spaß zu machen. In der höchsten Form wird es vielleicht sogar ein Füreinander. Jeder stellt seine Einzelinteressen hinten an und arbeitet nur noch für den Teamerfolg. Das ist auch der Grund, warum Einzelboni keinen Sinn machen. Es muss einen Wandel geben: Vom „me“ zum „we“.

Aus dem „ich“ muss also ein „wir“ werden. Wie werden denn die Menschen motiviert, sich auf diesen Wandel einzulassen?

Wir müssen uns eine Identität geben! Ich stehe zu meinem Team, zu meinem Verein oder Unternehmen. Dazu ist wichtig zu wissen, wofür wir eigentlich stehen. Was ist wichtig, was ist unser „why“, aber auch, was sind unsere gemeinsamen Ziele. Stehen alle dahinter?

André, um maximal erfolgreich zu sein, müsst ihr Finalspiele gewinnen. Es geht um die Deutsche Meisterschaft, Weltmeisterschaften oder Olympiagold. Wie gehst du – wie geht die Mannschaft – mit dem Druck einer solchen Situation um?

Zunächst einmal: Sieh es als Herausforderung. Stress ist ja auch eine Form der Bewertung einer Situation und schließlich die Folge von Überforderung. Eine herausfordernde Situation wird dann kein Stress, wenn ich auf alles vorbereitet bin. Mich kann nichts überraschen. Bestenfalls haben wir jede Spielsituation vorab gedanklich durchgespielt.

Das kann man genauso für jedes Meeting, jeden Vortrag machen. Was kommt auf mich zu. Wer könnte welche Fragen stellen. Wer wird wie reagieren. Was kann mich provozieren oder ablenken. Was sind mögliche Störfaktoren. Auf all das muss ich natürlich vorher eine Antwort haben. Um es zu erleichtern zu klären, wie ich agiere, muss ich mein „why“ kennen. Das treibt mich an. Dadurch entwickele ich meine Strategie. Ich brauche aber eben auch die Intelligenz der gesamten Mannschaft, die mir hilft.

Bestenfalls gehen wir dann direkt mutig mit der Situation um. Mut ist kein Gefühl, das einfach so kommt und geht – es ist eine Erkenntnis. Eine Erkenntnis entsprungen aus dem Bewusstsein über Können. Kennst du deine drei größten Stärken? Kannst du sie sofort aufzählen? Es ist erstaunlich, bei wem das nicht sofort wie aus der Pistole geschossen kommt. Am Ende steht eine stärkeorientierte Strategie über meinem Handeln. Handeln ist dabei wichtig, denn auf der Handlungsebene will ich immer bleiben.

Und wenn es trotzdem mal gar nicht läuft?

Auch hier: Sei mutig. Analysierte und entscheide. Notfalls wirf alles um. Wir haben keine Zeit für zweijährige Change-Management-Prozesse. Krise ist immer Risiko, aber eben auch Chance. Sei konsequent. Das gilt für die Zusammenstellung deines Teams als Coach wie auch als Spieler auf dem Platz. Vielleicht musst du deine Taktik über den Haufen werfen. Vielleicht musst du aber auch genauso weiter machen. Du musst vor allem das Vertrauen haben, es zu entscheiden. Das Bewusstsein darüber, dass die Welt immer komplexer wird und wir versuchen, mit unseren Teams Systeme zu steuern, die sich ohnehin selbst steuern, dürfte dabei ein wenig Gelassenheit spenden.

Gelassenheit ist immer eine gute Basis. Vielen Dank für die spannenden Einsichten!

 

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